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Anleitung: Weichenbau

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Anleitung: Weichenbau Empty Anleitung: Weichenbau

Di 18 Aug 2015, 19:50
Jeder, der sich mit dem Aufbau einer Feldbahnanlage befasst, steht früher oder später vor dem gleichen Problem: Woher die passenden Weichen nehmen? Gerade bei vorgegebenen Platzverhältnissen ist es schwierig, etwas passendes zu finden und der Kauf von professionell gefertigtem Neumaterial ist extrem teuer. Da ist der Selbstbau durchaus eine Alternative.

Der Weichenbau ist nicht ganz so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint, denn der Teufel steckt wie immer im Detail. Sicher kann man einfach so drauf los basteln und mal sehen was am Ende raus kommt – das ist aber nicht mein Ding. Deshalb will ich hier mal eine Anleitung für den Hausgebrauch präsentieren, die sich der ganzen Sache von der theoretischen Seite her nähert und die zeigen soll, dass man auch mit einfachen Mitteln eine allen Ansprüchen genügende Weiche bauen kann.

Zum Anfang gilt es noch mit einem weit verbreiteten Irrtum aufzuräumen: Wer denkt, dass der Selbstbau von Weichen eine billige Alternative zum Erwerb einer gut erhaltenen, altbrauchbaren Weiche sei, der ist auf dem Holzweg! Wirklich billig wird es auch im Selbstbau schon rein materialmäßig kaum – von den etlichen Stunden teils harter Arbeit, die zwangsläufig zu investieren sind, mal ganz abgesehen. Ich selbst würde den Erwerb einer passenden, gut erhaltenen Weiche jederzeit dem Selbstbau vorziehen! Aber egal, wir wollen es ja unbedingt mal selbst versuchen! Hier ein kleiner Vorgeschmack, wie es am Ende dann mal aussehen wird:

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(auf expliziten Wunsch meiner Frau wurde die Weiche schon vor der Fertigstellung teilweise mit Kies aufgefüllt)

Was brauchen wir für eine Weiche?

Material:
- Schienenprofile in mindestens fünffacher Weichenlänge
- Stahlschwellen (oder hilfsweise U-Profile) in verschiedenen Längen (bei einer 5 m-Weiche ca. 12 laufende Meter)
- 1 Stahlplatte für das Herzstück, mindestens 1 cm dick, ca. 60x40 cm
- 1 m Flachstahl 40x8 mm für den Zungenbereich
- 1 großes Paket Schweißelektroden
- 30 cm Wasserrohr ¾“ oder 1“ o.ä.
- etwa zwei Dutzend Trennscheiben und mehrere Schruppscheiben

Werkzeug:
- große Flex
- Biegekralle/Biegemaschine
- Schweißtrafo
- Bohrmaschine (oder traumhaft: Kernlochbohrer)
- Dachlatte 4x6 cm (als wichtiges Grundmaß)
- 2 Winkeleisen, ca. 1 m lang (als Anschläge für das Schweißen)
- lange Wasserwaage, Schraubzwingen, Reißnadel, Zollstock, Vorschlaghammer und sonstige Selbstverständlichkeiten…

Am Anfang stehen ein paar theoretische Überlegungen, die in den drei für den Weichenbau entscheidenden Faktoren münden:
- Weichenwinkel
- Baulänge
- Abzweigradius
Wie immer hängt alles mit allem zusammen, was für Probleme in epischer Breite sorgen kann. Also lassen wir mal die bösen Gemeinheiten der Praxis (wie z.B. den Bau einer passenden Weiche für einen vorhandenen Bogen) außen vor: Wir wollen hier mal eine Linksweiche mit etwa 4 m Länge bauen, ohne auf besondere Restriktionen achten zu müssen.

Betrachtet man nun verschiedene Weichenzeichnungen, dann fällt auf, dass kleinere Radien bis 10 m alle mit einem Weichenwinkel von 20° umsetzbar sind. Damit ist klar, wo wir anfangen werden:  Beim Herzstück!

Die Herzstückspitze

Bevor wir nun raus an die Flex stürzen, ist erst mal Schreibtischarbeit angesagt: Wir basteln uns eine Weichenschablone! Sicher kann man das auch frei Schnauze machen oder anhand eines Musters, aber die kleine Bastelarbeit erleichtert das Geschäft ganz ungemein und sorgt obendrein für ein optisch stimmiges Ergebnis. Also schneiden wir aus A4-Pappe (quer) zwei Schablonen – eine genau im Weichenwinkel (hier 20°) und eine im halben Weichenwinkel (also 10°). Sie sollten möglichst groß sein, aber noch von der Tiefe her in die Biegekralle passen. Die Spitzen der Schablonen schneiden wir großzügig ab, da beim Biegen der Schienen ja keine harten Knicke entstehen und die Schablonen sonst nicht anlegbar wären. Das sieht dann so aus:

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(Vom Gekritzel auf der Pappe nicht beeindrucken lassen – ich habe einfach die Zeichenblöcke meiner Kinder geplündert!)

Nun kann es losgehen! Aus den in Frage kommenden Schienen – die möglichst alle die gleiche Höhe haben sollten (hilfsweise ansonsten die höheren Schienen für die Backenschienen verwenden) – suchen wir uns ein Stück von gut anderthalb Metern Länge (hilfsweise auch zwei, in der Summe dann aber etwas längere Stücke). Das Schienenstück bekommt an beiden Enden einen Knick nach der 10°-Schablone, beide Knicke spiegelbildlich. Bei größeren Schienenprofilen sollte man vorher den Fuß beidseitig an der Knickstelle einschneiden, auf der späteren Innenseite dabei V-förmig, was bei S10 allerdings nicht nötig ist und uneingeschnitten auch besser aussieht. Beim Knicken muss man sich an den richtigen Winkel herantasten, da die elastischen Schienen ja stets wieder etwas zurückfedern. Sollte das Material sehr spröde sein und beim Biegen brechen, dann hilft eigentlich nur die Wahl anderer Schienen, denn die Extremprobe folgt später noch beim 20°-Knicken der Flügelschienen. Vorbeugend kann man den Knick beim Biegen auch mit dem Brenner erwärmen!

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Nach dem Knicken verlängern wir die spätere Fahrkante mit Wasserwaage und Reißnadel über den Knick (rote Linie) und schneiden die Schiene vor dem jeweiligen Ende der gezogenen (roten) Linie ab (blaue Linie), was unnütze Arbeit mit der Flex sparen hilft. Sonderlich genau braucht man beim Abschneiden nicht vorgehen – die tatsächliche Herzstückspitze liegt noch deutlich vor dem provisorisch ermittelten Ende (Schnittpunkt rote und grüne Linie).

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Jetzt wird es anstrengend: Mit der großen Flex schneiden wir von den Enden der Schiene her den Kopf und den Fuß entlang des Steges auf der der Fahrkante gegenüber liegenden Seite bis hinter die Knicke gerade weg (grüne Linie). Die schweißtreibende Arbeit kostet etliches an Zeit und einige Trennscheiben. Nach dem Trennen wird das Ganze schön mit der Schruppscheibe plangezogen und mit anständigen Fasen für das Verschweißen versehen.

Nun endlich kann die Schiene genau mittig geteilt werden und wir haben unsere zwei wunderbar gleichen Rohlinge für die Herzstückspitze! Das wäre auch der passende Zeitpunkt, gleich die Laschenlöcher in die beiden Enden zu bohren, da man die Teile einzeln noch gut in der Ständerbohrmaschine bearbeiten kann.

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Anschließend nehmen wir die Stahlplatte für das Herzstück als Unterlage und richten die beiden Teile genau aus, pressen sie mit einer großen Schraubzwinge gegen einander, heften sie zusammen und verschweißen sie dann oben und unten längs.

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Traumhaft pellt sich die Schlacke von der Naht!

Nach dem Abkühlen geht die Flexerei auf anderen Seite weiter: Es wird die eigentliche Spitze herausgearbeitet. Zur Vermeidung eines Fehlschnittes kann man ein Winkeleisen mittels Schraubzwingen auf den Schienenkopf klemmen und dann am Eisen entlang schneiden, das hilft ungemein. Auch kann man die Schnittlinie mit einer handlicheren kleinen Flex vorschneiden (markieren), damit sie besser zu sehen ist.

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Irgendwann fallen jedenfalls die Ecken herunter und man sieht endlich was es werden soll: Die Spitze!

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Flugs wird nun die Herzstückspitze umgedreht und die Schienenfußecken in Verlängerung des geraden Stücks werden abgetrennt (grüne Linien).

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Sich jetzt über eine besonders schöne und messerscharfe Spitze zu freuen, wäre zu früh gefreut, denn wir müssen hier ohnehin noch einmal ran: Mit der Schruppscheibe wird die Spitze in der Vertikalen nur ganz leicht begradigt/abgeflacht und anschließend verschweißt – schließlich gibt es in diesem Bereich bisher noch keinerlei Materialverbund! Beim Schweißen ist Vorsicht angesagt: Bei zu hohem Schweißstrom brennt die Spitze zu sehr weg und gerät außer Form. Wer ein Schutzgasschweißgerät hat, ist klar im Vorteil, aber auch mit dem (von mir verwendeten) Baumarkt-Trafo ist das mit ein wenig Gefühl zu schaffen.

Die durch das Schweißen scheinbar wieder völlig verhunzte Spitze kann nun ihre endgültige Form bekommen: Alles wird mit der Schruppscheibe schön begradigt und die Kanten gerundet. Die Spitze kann dabei ruhig etwas stumpf werden – nicht breiter als einen halben Zentimeter sollte sie idealerweise sein, aber alles unter einem Zentimeter geht auch noch.

Damit wäre die Herzstückspitze fertig!

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Soweit mal für den Anfang! Wenn es Euch gefallen hat, dann geht es im nächsten Teil darum, wie aus der Spitze ein komplettes Herzstück wird. Über ergänzende Hinweise und Fragen freue ich mich natürlich auch!

Viele Grüße, Frank.

leipzigdroyssiger mag diesen Beitrag

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Di 18 Aug 2015, 20:00
Klasse, Frank. Bitte weiter berichten! Daumen hoch
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Di 18 Aug 2015, 20:05
Gut erklärt! Bin mal auf weitere Bilder gespannt. Schau auch mal hier rein
timobahn
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Di 18 Aug 2015, 20:20
Hallo Frank,

die Spitze gefällt mir. Durch das abknicken hast Du das Problem des, gegenüber Kopf und Fuß zurückliegenden Steges elegant umschifft. So gehört sich das Klatschen . Irgendwo habe ich mal gesehen, daß jemand das durch eingeschweißte Flacheisenstücke ,,gelöst´´ hat. Naja...

Für den Fahrkomfort kann man übrigens auch noch was tun: Einfach die Schienenoberfläche an der Spitze etwas (wenige mm) herunterziehen. Dadurch laufen die Räder mit ihren konischen Lauffkächen sanfter darüber. Bei eingelaufenen Radlaufflächen wird dieser Effekt allerdings wohl wirkungslos bleiben.

Viele Grüße
Timo
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Di 18 Aug 2015, 20:34
Hallo Timo,

ja, zur Höhe und Form der Spitze gibt es noch ein paar Details beim Zusammenbau des Herzstücks!

Viele Grüße, Frank.
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Remo
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Mi 19 Aug 2015, 22:15
ja eeeeendlich, und ich habe schon nicht mehr damit gerechnet Very Happy
Wir werden hier ganz genau zuschauen, und danken dir für diesen Bericht. Immer schön Bilder machen Wink

Gruss Remo
Frank
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Do 20 Aug 2015, 08:31
Da die Weiche schon fertig ist, ist auch der Text bereits geschrieben und alle Bilder im Kasten. Will mal sehen, dass ich vielleicht heute Abend mal den zweiten Teil des Berichts zusammenstelle!

Viele Grüße, Frank.
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Do 20 Aug 2015, 10:57
Thank You very much! Very good instructions! I can't wait to see more!
Frank
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Do 20 Aug 2015, 20:15
Das Herzstück

Mit der Spitze besitzen wir das komplizierteste Bauteil des Herzstücks, sind aber noch lange nicht fertig. Die fehlenden Teile sind die Flügelschienen und die Grundplatte. Mit letzterer fangen wir an:
Bei früher gefertigten Weichen lag in der Regel eine Schwelle genau unter der Weichenspitze, um dort auftretende Stöße ideal abfangen zu können. Dazu wurden die Schwellen in der Mitte um die Dicke der stählernen Grundplatte durchgesetzt, so dass diese in einer Ebene mit der Schwellenoberfläche lag. Fertigungstechnisch ist das mit einfachen Bordmitteln nicht zu realisieren, so dass zwei Alternativen in Frage kommen:
A) Die Grundplatte wird auf die Schwellen gesetzt und die Backenschienen erhalten eine Unterlage (Flachstahl) in der Dicke der Grundplatte.
B) Die Schwellen werden auseinandergerückt und die Grundplatte wird einfach zwischen die Schwellen geschweißt.

Der Nachteil der Variante A sind die dann in unterschiedlicher Höhe liegenden Schwellen der Weiche, Nachteil der Variante B die fehlende separate Stützung der Herzstückspitze. Ich habe mich trotzdem für Variante B entschieden, da eine ausreichend starke Grundplatte im Verbund mit den aufgeschweißten Flügelschienen die Belastung problemlos verträgt und darüber hinaus die Platte um die doppelte Schwellenbreite kürzer ausfallen kann.

Also schweißen wir eine Stahlplatte (ca. 40x60 cm, bei Variante a 20 cm länger) zwischen bzw. bei Variante A auf zwei etwa 2 m lange Schwellen/U-Profile. Dazu werden die Schwellen umgedreht und die Stahlplatte mit zwei Stahlwinkeln und Schraubzwingen auf eine Ebene mit den Schwellenoberkanten gebracht und justiert.

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Nach dem Heften wird alles schön durchgeschweißt.

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14 Elektroden später: Die Grundplatte ist fertig!

Bedingt durch den Wärmeeintrag lässt es sich praktisch nicht vermeiden, dass sich beim Schweißen Blechschwellen bzw. leichte U-Profile mehr oder weniger deutlich verziehen. An dieser Stelle macht es aber keinen Sinn, diese sofort wieder zu richten – das machen wir erst nach Abschluss der Schweißarbeiten am Herzstück.

Auf der Grundplatte werden die Mitten angezeichnet und die Herzstückspitze danach ausgerichtet. Bei recht kurzen Herzstückspitzen muss man darauf achten, dass die Herzstückschienen noch weit genug über die Platte hinausstehen, damit die Enden der Backenschienen noch auf den ja schräg sitzenden Schwellen zu liegen kommen! Das lässt sich mit einem Zimmermannswinkel und einem Zollstock leicht überprüfen. Stimmt die Lage, dann wird die Spitze festgeschweißt. Man kann die Spitze dabei mit nur wenigen Raupen befestigen (halten tut das garantiert), aber besser ist die vollständige Verschweißung, um langfristig Unterrostungen und Rostaufblühungen zu vermeiden.

Während die Spitze abkühlt, geht es mit den Flügelschienen weiter: Wir suchen uns zwei lange, gleichhohe Schienen. Das jeweils eine Ende wird so knapp wie möglich in die Biegekralle geschoben und mit Hilfe der 10°-Schablone passend abgeknickt, womit das „Einfahr-Ende“ der Flügelschiene fertig ist.

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Der nun folgende, später vor der Herzstückspitze zu liegen kommende Knick könnte in seiner Lage ganz nach eigenem Gusto ermittelt werden, jedoch soll es ja auch noch irgendwie harmonisch aussehen, also nehmen wir die rechnerische Methode: Der Abstand vom Knick der Flügelschiene bis zur Herzstückspitze verhält sich zum Abstand Herzstückspitze bis zur Trennung der Spitzenschienen wie 3:4. Bei der hier gezeigten Weiche waren es rund 16 cm zwischen Spitze und Ende der Kopfverschweißung, also muss der Knick ungefähr 12 cm vor der Herzstückspitze sitzen. Legt man den Knick am Einfahr-Ende in Höhe des Endes der Kopfverschweißung, sind es also 28 cm zwischen den beiden Knicken.

Der 20°-Knick (Schablone!) hat es in sich: Die Schiene wird dabei extrem gebogen, was nicht jede mit sich machen lässt – Achtung: Bruchgefahr! Was bei mir bei der ersten Schiene noch ganz prima klappte, ging bei der zweiten prompt schief. Hilft nichts, dann muss man die Schiene halt abschneiden (dafür sollte sie lang genug sein) oder eine neue nehmen und vielleicht doch mal über Einschneiden und/oder Erwärmung mit dem Brenner nachdenken. Ich hatte mich beim zweiten Versuch aus Gründen der Optik für die Erwärmung entschieden, was dann auch anstandslos funktionierte. Bei Biegekrallen mit breiten Biegestempeln muss allerdings eine Rolle (z.B. Rundeisen oder ein Stück dicke Schraube ohne Kopf) in den Steg gelegt werden, damit der Knick nicht zu breit wird. Das ist wichtig, damit der führungslose Abschnitt im Herzstück möglichst klein bleibt und Radsätze mit schmalen Laufflächen nicht hineinfallen.

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Bevor die Flügelschienen aufgeschweißt und abgelängt werden können, muss die Schiene des abzweigenden Strangs aber noch auf den richtigen Radius gebogen werden. Als Hilfsmittel für die richtige Biegung dient eine Pfeilhöhentabelle:

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Als Messinstrumente brauchen wir noch eine lange Wasserwaage und einen Zollstock. Bei einem gewünschten Radius der Außenschiene von 8 m und einer 2 m langen Wasserwaage ergibt das 6,3 cm Durchbiegung.

Ist die Schiene lang genug, um aus dem hinteren Ende noch eine Zunge fertigen zu können, so biegt man nicht die gesamte Länge vom zweiten Knick bis zum Ende, sondern hört mindestens 30 cm vor dem Ende auf, da die Zunge bei der Bearbeitung noch so abgeknickt werden muss, dass sie parallel zur geraden Backenschiene läuft (dazu später mehr).

Nach dem Biegen können die Flügelschienen nun zum Herzstück verschweißt werden. Dazu müssen sie natürlich erst einmal genau ausgerichtet werden. Hier kommt nun die ominöse Dachlatte ins Spiel: Die schmale Seite mit ihren knapp 4 cm hat sich als ideales Maß für den Abstand zwischen Flügelschienen und Herzstück sowie Radlenkern und Backenschiene erwiesen, gewährleistet es doch einen sauberen und ruckfreien Lauf aller gängigen Feldbahnfahrzeuge mit ihren unterschiedlichen Radprofilen. Das Dachlattenende wird zwischen Herzstückspitze und Flügelschiene geklemmt und anschließend die Flügelschiene so verschoben, bis die Fahrkante in einer Flucht mit der jeweiligen Herzstückseite liegt. Auf eine exakte Flucht ist peinlich genau zu achten, da jede Abweichung später zwangsläufig für Ärger sorgt (Auflaufen oder Poltern). Hat man sauber gearbeitet, dann ist der Knick nun wieder genau jene 12 cm von der Spitze entfernt, die wir oben ermittelt hatten.

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Beim Einbau der zweiten Flügelschiene achten wir darauf, dass die Knicke exakt gegenüber und mit möglichst geringen Abstand liegen, damit der führungslose Bereich möglichst klein bleibt (siehe oben). Ideal wäre auch hier der Dachlattenabstand, was sich aber praktisch nicht erreichen lässt, da die Knicke der Flügelschienen ja keine Spitzen, sondern nur Ausrundungen haben, wodurch wir im optimalen Fall bei 4,5 bis 5 cm Abstand landen.

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In der Horizontalen (Oberkanten Flügelschiene – Herzstückspitze – Flügelschiene) darf dabei die Herzstückspitze nicht über die Oberkante der Flügelschienen hinausragen, sondern sollte im Gegenteil einige Millimeter darunter liegen, um einen ruhigen Fahrzeuglauf zu gewährleisten: Die kegeligen Räder würden andernfalls beim Übergang von der Flügelschiene auf das Herzstück hart auflaufen. Man kann die Herzstückspitze deshalb auch ruhig auf den ersten Zentimetern in der Vertikalen ein wenig anschrägen.

Nach dem Heften und einer nochmaligen Kontrolle aller Maße wird das Herzstück komplett durchgeschweißt. Wenn das Ganze abgekühlt ist, dann prüfen wir die Schwellen auf eventuellen Verzug: Durch den Hitzeeintrag beim Schweißen weisen diese oftmals eine Flügelform auf und müssen wieder „nach unten“ gebracht werden. Am einfachsten geschieht das durch Erwärmung unmittelbar neben der Herzstückgrundplatte und ein paar gezielten Schlägen mit dem Vorschlaghammer auf die Schwellenenden. Profis können das natürlich auch mit der blanken Flamme richten.

Damit ist das Herzstück endlich fertig! Bevor hier alles noch so schön blanke Eisen anfängt zu rosten, kann man ganz nach Belieben etwas für den Rostschutz tun: Ich habe das fertige Herzstück mit Kaltanstrich eingepinselt.

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Im Teil 3 kommen wir dann zum weiteren Aufbau der Weiche.


Viele Grüße, Frank.
Alex Köhler
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Do 20 Aug 2015, 20:27
Super Arbeit, Frank.
Schön dass du uns teilhaben lässt Arrow

Jetzt brauchen wir nur noch einen Freiwilligen der dann die Weichen nach deiner Anleitung in Serie baut Very Happy Laughing
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